Hermann Brühl

Bildhauer-Arbeiten
Ausstellung vom 09.04. – 12.05.2011


Zunächst arbeitete Brühl figürlich. Daran interessierten ihn jedoch nicht das
Volumen und die Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur, auch nicht
mit deren Abbild. Ihn beschäftigten die Winkel zu einander oder solche von Kör-
per und Raum. Die Senkrechte / das Ste-hende und die Waagerechte / das Lie-
gende (gleich der Positiv- / Negativ-Beziehungen im Relief) als elementare Positio-
nen treten mehr und mehr in den Mittelpunkt seiner bildhauerischen Arbeit, die
sich dem Figürlichen bald entledigt und sich dem Prinzipiellen zuwendet.
Brühls Arbeiten sind der konkreten Kunst, wie Theo van Doesburg 1924 es for-
mulierte, zuzuordnen. (“ … weil nichts konkreter – nichts wirklicher – ist, als
eine Linie, eine Fläche, eine Farbe … “)
Die schwarzen Reliefs und Plastiken aus Eisenblech, der 60er Jahre, bestehen
aus rechtwinklig zugeordneten Flächen, die Räume erzeugen und Raumbezüge
herstellen. Die quadratischen Eisenreliefs sind bestimmt durch eine Kreuz und
ein inneres Quadrat. Die Edelstahl-Plastiken der 70er Jahre sind stets aus den
gleichen Grundelementen zusammen gesetzt die, auf verschiedene Arten, ein-
ander zugeordnet sind. Diesen Arbeiten ist gleich, dass sie immer Quader
gleichen Rauminhaltes sind, aber – in verschiedenen Abmessungen – axial
übereinander stehen. Der Querschnitt bleibt hierbei quadratisch. – Es ergibt
sich ein Spannungsverhältnis zwischen Innen- und Außenraum, zwischen Hohl-
und Vollform.
Senkrechte und Waagerechte, in strengster Form einander zugeordnet, ergeben
Würfel und Quadrate. Dies in allen Möglichkeiten zu untersuchen hat Brühl
“ … zu ungeheuren Erlebnissen geführt. …”, wie er selbst sagte.
Es fällt auf, dass sich Hermann Brühl durchgängig der Symmetrie verpflichtete.
Symmetrie als Idealfall des Gleichgewichts, andererseits als dominante Ordnung,
die sich einer rein emotionalen Gestaltung und auch Rezeption entgegenstellt.
Die weißen abgestuften Stelen, entstanden ab 1976, sind bestimmt vom Prinzip
des Verlaufs. Sie sind oft zu mehreren Achsen symmetrisch. Diese Arbeiten
thematisieren den gestuften Übergang von der liegenden Platte zur stehenden
Stange – von der Waagerechten in die Senkrechte.
Brühls Arbeiten zeichnen sich durch Einfachheit aus – dem Ergebnis langer Re-
duktions- und Konzen-trationsprozesse – und vermitteln vielschichtige Wahr-
nehmungsprozesse. Sie sind Untersuchungen der bildnerischen Mittel und deren Be-
deutung und Wirkung.“ … Meine Formen sollen immer einfacher werden, immer
ärmer, bis fast nichts mehr passiert. … Denn ich möchte eine komplizierte An-
gelegenheit auf ihre Grundprinzipien reduzieren. …”
Ebenfalls in den Zeichnungen und Streifenbildern finden die beschriebenen Pro-
zesse – in der Zweidimensionalität – statt. Die linearen Gitter der OP-Art (um 1960)
entwickelte Brühl weiter, gibt ihnen einen linearer Verlauf, als regelmäßige Zu-
und Abnahme.
Bei seinem Professor Otto Baum lernte Brühl, neben dem Fachlichen, auch Ge-
duld und Beständigkeit und die Treue zu sich selbst.
Würde aus Klarheit, Unverbogenheit und Geradlinigkeit zeichnen das Werk des
Bildhauers Hermann Brühl aus.
In unserer lauten Welt sind die einfachen Kunstwerke wichtig, denn sie strahlen
Ruhe aus,  regen an zu Konzentration und Meditation.

1918         geboren in Stuttgart
1932-36    Lehre und Tätigkeit als Mechaniker
1945         (nach dem Kriegsdienst) erste bildnerische Arbeiten
1951-53   Studium der Bildhauerei in der staatlichen Akademie der Bildenden
Künste (Stuttgart), bei Prof.Otto Baum
seit 1954   freischaffender Bildhauer in Konstanz
1997         gestorben in Konstanz

Einzelausstellungen (Auswahl):
1961  Galerie Appel & Fertsch (Frankfurt am Main)
Plastik der Gegenwart (Bregenz)
1970  Studio Berggemeinde (Frankfurt am Main)
1976  Kunstverein Heidenheim e.V.
1980  Galerie auf der Empore in der Universität Konstanz
1981  Haus an der Mehlwaage (Freiburg im Breisgau)
1988/89 Repères, Galerie Lahumière (Paris)
2011  Bildhauer-Arbeiten, Galerie m50 (Frankfurt am Main)

Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl):
1962/63  Skulptur und Plastik (Frankfurt am Main)
1966  Plastik unserer Zeit, Orangerie (Erlangen)
1968  Kunstmarkt Köln, vertreten von Galerie Appel & Fertsch (Frankfurt am Main)
1969  Ars accurata (Hamburg), vertreten von Galerie 66 (Hofheim)
1970  Miniatur international (Hofheim, München, Kassel, Paderborn, Offenbach am Main)
1978  das Kreuz, Deutsche Gesellschaft für christl. Kunst e.V. (anläßl. des 85.Katholiken-
tages), Freiburg im Breisgau
1984  Studio a (heute: Museum gegenstandsfreier Kunst) (Otterndorf), zs. mit Raimund
Gierke
1985   Sammlung Lütze II, städtisches Museum (Schwäbisch Gmünd)
1987  Kunstverein Heidenheim e.V., zs. mit Thomas Kitzinger
1989  Art Basel, vertreten von Galerie Lahumière (Paris)
1992/93  Repères, Stiftung für Konkrete Kunst (Reutlingen)
1994  Repères, Centre d’Art Contemporain (Saint Priest)
1997   Stiftung Repères, Musée des Ursulines (Mâcon)
1998   ein Frankfurter Freundeskreis, Skulpturen-Kabinett (Freiburg im Breisgau),
zs. mit Dietz Eilbacher, Georg Hüter, Dieter Oehm, Hans Steinbrenner / Einführung:
Christa von Helmolt
2001  die 2 Seiten des Raumes, Skulpturen-Kabinett Kemmerich-Lortzig (Freiburg im
Breisgau), zs. mit Helmult Albers, Peter Odenwaeller

Arbeiten im öffentlichen Raum und in Sammlungen:
Arbeitsamt (Konstanz)
Kirche St.Vinzenz Pallotti (Stuttgart)
Museum gegenstandsfreier Kunst (vormals: Studio a) (Otterndorf)
Skulpturenkabinett (Freiburg im Breisgau)
The Satoru Sato Art Museum (Nakada / Japan)
Vermessungsamt (Radolfzell)
Versorgungsamt (heutiges Notariat) (Radolfzell)