COLLAGE CYANOTYPIE FOTOGRAFIK von Sabine Dächert

Ausstellung vom 18.08. (Vernissage in Anwesenheit der Künstlerin 18:30 – 20:30) – einschl. 19.09.2017
Künstlergespräch mit Sabine Dächert am 07.09.2017 um 18:00

Station 2 der Ausstellungsreihe 2 Stationen / 2 Ausstellungen / eine Künstlerin: Sabine Dächert
Zusanmmenarbeit mit der Stadt Oberursel; AE im Foyer des Rathauses: 17.08.2017 / 19:00 / es spricht Gabriele Wittner (Galerie m50)

Abstrakte und experimentelle Fotografie, das ist zunächst Sammelbegriffe für Kunstformen in der die gegenständliche Abbildung, zugunsten fotografischer Strukturbildungsprozesse, in den Hintergrund tritt.
Im Vordergrund steht die Visualisierung einer abstrakten (also: nicht gegenständlichen) Idee, die –
unter bewusster Vernachlässigung von Aspekten der Gegenständlichkeit und der Wiedererkennbar-
keit – fotografisch realisiert wird. Dabei gelingen Bildaussagen, die mit den Mitteln des rein fotogra-
fischen  „Abbildens“ nicht möglich sind und die über dessen Wirkung hinaus gehen.
Das Gebiet schließt sowohl die Reduzierung (also: Abstraktion) von Wirklichkeit, als auch die Ver-
dichtung (also: Konkretion) von Möglichkeit in sich ein. Sprechen wir vom Bild als Abstraktion des
Sichtbaren, dann meinen wir Fotografien, die im Ansatz (noch) abbilden, jedoch eindeutig und über-
wiegend formbezogen sind und die durch schöpferisches Sehen in strukturerzeugender Weise in Er-
scheinung treten. Diese Art der Fotografie wird bezeichnet als neues Sehen, gestaltende Fotografie oder visualistische Fotografie. Ihre Mittel sind u.a. extreme Ausschnitte, Nahaufnahmen, dynamische Kameraführung, Mehrfachhbelichtung und bewusste Über- bzw. Unterbelichtung.
Sprechen wir vom Bild als Visualisierung des Nichtsichtbaren, dann meinen wir Arbeiten, die – unter Einbeziehung und unter Mitwirkung bildgebender Verfahren – entstehen und auch in der wissenschaft-
lichen Fotografie eine Rolle spielen können. Man nennt sie experimentelle Fotografie, wissenschaft
liche Fotografie oder bildgebende Fotografie.
Sprechen wir vom Bild als der Konkretisierung reiner Sichtbarkeit, meinen wir Fotografien, die im freien kompositorischen Umgang mit dem fotografischen Material entstehen und dabei eine eigene – auf sich selbst bezogene – Bildsprache entwickeln. Die Mittel werden zum Gegenstand und autonome Bildstrukturen entstehen.
Wir sprechen hier von konkreter und konstruktiver Fotografie. Erreicht wird das reine Lichtbild. Untersucht werden bildimmanente Phänomene, wie z.B. Schärfe/Unschärfe-Relationen, Hell/Dunkel-Relationen auch Farb- oder Schwarz/Weiß-Relationen usw. Bei der Entwicklung der abstrakten Foto-
grafie von Anfang bis heute, handelt es sich um eine Eigenleistung der Fotografen. Im Gegensatz zur Konzeptfotografie der 1970er Jahre, die sich aus den Impulsen der damaligen Künstlerszene (minimal art, concept art und land art) entwickelte.
Eine neue Künstlergeneration sucht vorbehaltlos – ohne Scheu und unter Einfluss aller verfügbaren Gebrauchsweisen, Methoden und Stilmittel, mit fotohistorischen Verfahren ebenso wie mit dem Com-
puter – neue Wege für einen künstlerischen Ausdruck (zwischen Gegenständlichkeit, Abstraktion und Konkretion).
Offensichtlich sind die Werke der Künstlerin nicht Fotografien im herkömmlichen Sinnen, sondern sind Bilder, die mit Hilfe fototechnischer Mittel entstanden. Vereinfacht könnte man sagen: des Malers Handwerkszeug ist der Pinsel, der Zeichners Handwerkszeug sind Bleistift oder Feder und Tusche, Frau Dächerts Handwerkszeug sind die Kamera und ggfs. der Computer. Aber gleich, welches Hand-
werkszeug verwendet wird, es ist nur Mittel zur Ausführung einer Idee. Das ausgewogene Verhältnis von Fläche, Kontrast und Farbe(n) zeichnet die künstlerische Leistung aus.
Die Künstlerin Dächert zeigt uns starkfarbige Werke ebenso, wie zarte filigran. Sie fordern unseren Sehsinn. Prof. Reimer Jochims erklärte in seinem Vortrag über Piet Mondrian: „… Es liegt an uns Betrachtern, alles „Wissen“ auszuklammern und nur zu sehen. …“ – Wenn wir dies tun, sehen wir in Dächerts Arbeiten nicht Lichtreflexe auf einem Kunststoffmaterial, dessen Oberfläche zerstört ist, sondern wir sehen Farbflächen. Farbflächen in verschiedenen Formen und Nuancen. Einzelne Ele-
mente treten hervor, anderen weichen zurück.
2015 äußerte Sabine Dächert: „Mein Weg ist die abstrakte Fotografie.“ Ich würde noch einen Schritt weiter gehen: ich würde den Begriff experimentelle Fotografie anwenden. Sie ist nicht nur Teil der abstrakten Fotografie sondern, vor allem, ebenso wie sie Teil der künstlerischen Fotografie.
Ziel der experimentelle Fotografie ist das Erforschen der fotografischen Möglichkeiten und der Wirkung des Zusammenspiels von Blende, Licht und Verschlusszeit; von absichtlicher Bewegung der Kamera bis hin zu Verfremdung im Labor durch klassische Labortechniken bzw. mit Bildbearbeitungspro-
grammen am Computer.
Dächert forscht: „Wie viele Schichten sind gerade noch durchschaubar?“ Wie weit dringt Licht ein oder aus, wie verändert sich Farbe und wie verändern sich, dadurch, auch Formen und Flächen. Die Erfor-
schung und Erarbeitung des Objekts in vielen Studien ist malerisch zu nennen.
Wie bereits angemerkt: lassen wir uns ein und genießen wir die spannenden Arbeiten der Künstlerin Sabine Dächert.
Gezeigt werden nicht nur bekannte, sondern vor allem neue Werke: Collagen und die spannenden Cyanotypien (einem Verfahren, das 1842 zur vollendeten Reife gelangte und das die Bezeichnung positiver Blaudruck erhielt)!